Mit dem Auftrag, als Liberty-Fachfrau einen Blogbeitrag für Ananda zu schreiben, habe ich mir den Film „Shades of Grey“ angesehen. Ich hatte keine großen Erwartungen, da ich bereits viele Stimmen aus der BDSM-Szene und von SexarbeiterInnen vernommen hatte, die alle negativ ausfielen. Allerdings fand ich den Film tatsächlich noch schlechter als erwartet. Das unsichere, verschüchterte, jungfräuliche Mädchen trifft auf den attraktiven Multimilliardär, der sie in die Welt des BDSM einführt. Bis dahin ein schlechter Liebesroman, aber man könnte die Fantasie von einem starken, erfolgreichen Mann durchaus verstehen und stehen lassen. Dass BDSM in einer Mainstream-Verpackung daherkommt, könnte man durchaus eher als positiv sehen und hoffen, dass Menschen dadurch neue Wege finden, ihre Lust zu vertiefen, zu erweitern. Wie so oft aber, wenn der Mainstream mit Sexualität angesprochen wird, wird pathologisiert. Das fand ich schon bei Nynphomaniac schade. Entgegen der alten Vorstellung der pervertierten sexuellen Entwicklung hin zu BDSM durch früheren Missbrauch oder eine geistige Störung zeigen aktuelle Studien, dass Paare, die BDSM leben, sogar eine bessere mentale Gesundheit aufweisen, dass sie ausgeglichener sind, weniger neurotisch, offener, empfindsamer für die Grenzen des Partners und insgesamt sicherer in ihrer Beziehung stehen. Quelle: Huffingtonpost Mr. Grey, die männliche Hauptfigur des Films, aber hat eine traumatische Vergangenheit und bearbeitet seine Verletzungen über seine Beziehung, bzw. seine Sexualität. Bis hierhin ist alles noch nachvollziehbar − wer macht das denn nicht? Die eigene Geschichte spielt auch in unserer Sexualität eine Rolle und jeder findet Wege, diese zu leben und damit auf einem guten Weg zu sein.
Diese Geschichte aber beschreibt eine Sexualität voller Grenzüberschreitungen, die als Missbrauch gedeutet werden könnten. Mal abgesehen vom klassischen Gender-Kitsch „starker Mann, schwaches Weibchen“. Eine Neuauflage von der Geschichte der O, die von ihrem Herrn zu seiner Lustsklavin erzogen wurde, die für all seine sexuellen Gelüste und die seiner Gäste zur Verfügung stand. Das war damals ein Skandal, war allerdings deutlicher und nur für eine Subkultur geschrieben, nicht für den Mainstream. Weiterlesen
Ananda-Masseurin Julia über „Shades of Grey“
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