Paul: Wie die erste Massage von einem Mann mich verändert hat

Paul_tantra_masseur_koelnAb 7. Mai verstärkt Paul unser Massageteam. Damit haben wir als erste Tantramassagepraxis in Deutschland 4 Männer – ein weiterer Schritt in Richtung Geschlechter-Gleichberechtigung.
Neben dem Beruf als Tantramasseur ist Paul als Gestalttherapeut tätig. Welche Zusammenhänge Paul zwischen diesen beiden Berufen sieht und wie die erste Tantramassage von einem Mann auf ihn wirkte, erzählt er uns im folgenden Interview.

Martina: Paul, du verstärkst ab Mai unser Team, worüber wir uns sehr freuen, denn neben AlexanderOliver und Christoph bist du nun der vierte Mann im Ananda-Bunde, das ist neuer Rekord in deutschen Tantramassagepraxen.
Bei dir ist der Berufswunsch „Tantramasseur“ ja auch über das Erleben einer Tantramassage selbst entstanden. Erzähl uns doch mal, wie war denn damals dein erster Kontakt zur Tantramassage?

Paul: Du wirst es nicht glauben, aber ich habe im Internet nach eher üblicheren Massagen gesucht. Im Sinn hatte ich eine sportliche Wellness-Massage, Shiatsu oder eine Thaimassage. Ich wollte etwas gegen meinen verspannten Rücken unternehmen. Vor einem Urlaub in die Türkei wollte ich als Urlaubseinstieg mich massieren lassen und dann entspannt in den Flieger steigen. Was ich fand, war eine Tantramassage.

Mich hat die Möglichkeit, mich in liebevoller und sinnlicher Weise am ganzen Körper berühren zu lassen, angesprochen und die Anbieterseite machte einen seriösen Eindruck. Also buchte ich. An diesem Tag bin ich zweimal abgehoben. Einmal mit dem Flieger und einmal bei der Massage. Vielleicht hatte ich einfach Glück, denn meine Masseurin hatte ihre Profiausbildung bei AnandaWave abgeschlossen. Dort habe ich dann selbst gelernt. Das war mein Weg zum Profi

Martina: Bei jeder Art von Körperarbeit gilt ja das eherne Gesetz, Beruf und Privatleben strikt zu trennen. Das heißt, auch wenn ich mich in der Tantramassage mit allen Sinnen meinem Massagepartner widme, ist die Begegnung auf die Dauer des Rituals beschränkt und der verständliche Wunsch, sich näher kennenzulernen, wird zumeist höflich, aber bestimmt zurückgewiesen.

Paul: Ja, natürlich ist das die Regel und es ist ein wirklich wichtiger Punkt, diese beiden Seiten klar zu fassen. Aber bei mir war es dennoch anders. Mit der Masseurin, bei der ich meine erste Tantramassage im professionellen Umfeld genoss, entwickelte sich tatsächlich eine Freundschaft. Wir verstanden uns von Beginn an prächtig und wir überlegten sogar beruflich zusammenzuarbeiten, sie als Tantramasseurin, ich als Gestalttherapeut. Mir wurde dann aber sehr schnell klar, dass ich selbst ebenfalls Masseur werden wollte. So buchte ich das erste Grundseminar bei Michaela Riedl von AnandaWave und anschließend die komplette Ausbildung. Mit meiner ersten Masseurin bin ich übrigens immer noch in Kontakt, wir sind dicke Freunde geworden und jetzt sogar Kollegen hier bei Ananda.

Martina: Du arbeitest als Gestalttherapeut. Die Tantramassage darf von Gesetzes wegen weder heilen noch therapieren, aber dennoch sehe ich Gemeinsamkeiten zwischen deiner Arbeit als Gestalttherapeut und der Tantramassage. Beides dient zu mehr als nur der Steigerung des Wohlbefindens und beides kann für einen Menschen ein wichtiger Schritt in ein erfüllteres Leben sein. Wie siehst du das?

Paul_blog_seitePaul: Als Gestalttherapeut sehe ich den Menschen so, wie er ist, nehme ihn an und gebe ihm damit die Möglichkeit verletzliche oder auch verletzte Seiten zu zeigen, die er aus Selbstschutz ansonsten versteckt. Der geschützte Raum unterstützt und ermöglicht den Menschen, sich zu öffnen, und ich begleite sie dabei. Als spiritueller Mensch erfahre ich von Jesus, der die Menschen, die ausgestoßen wurden, annimmt, wie sie sind, sie berührt und durch die Berührung heilt. Dahinter steht für mich die bedingungslose Annahme dessen, was der Mensch ist. Es kann dadurch das Verklemmte, Verkrüppelte, Taube und Blinde ins Licht kommen und sich lösen. Der Mensch wird lebendiger und freier. Das Tantra, das ich erfahren durfte, deckt sich mit dieser mir sehr wichtigen Lebenshaltung auf einer neuen Ebene. Ich wünsche mir, dass die Körperarbeit oder Körpertherapie gleichberechtigt neben anderer therapeutischer Arbeit stehen kann. Ich bin froh, dass ich in Köln bei Ananda eine Praxis und ein Team gefunden habe, wo ich diese wertvolle Arbeit im Dienst des Menschen anbieten kann.

Martina: Die Tantramassage gehört zu den Berufen, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden. Man redet in der Regel von der Tantramasseurin, obwohl es auch Männer gibt, die in diesem Beruf tätig sind, wie du uns gerade beweist. Ananda ist hier Vorreiter und gehört zu den Massagepraxen, die gerne Männer im Team willkommen heißen und die Gleichberechtigung in diesem Sektor forcieren. Wie sieht das bei dir aus: Massierst du sowohl Männer als auch Frauen?

Paul: Natürlich begegne ich Frauen wie Männern in der Massage gleichermaßen. Das war aber nicht immer so. Während der Ausbildung bei AnandaWave kam ich das erste Mal mit der Frage „Kann und möchte ich einen Massageaustausch mit Männern?“ in Kontakt und anfangs in Konflikt. Ich konnte mir das gar nicht vorstellen! Es schüttelte mich bei diesem Gedanken sogar ein wenig. Das Schicksal half mir aber bereits im Grundseminar auf die Sprünge. Meine damalige Übungspartnerin kam bei der Massage an eine schmerzhafte Seelenwunde und konnte nicht weitermachen. Ein Assistent aus dem Seminarteam bot mir dann an, mich in der Rückrunde zu massieren. Das war die Gelegenheit für mich, mich dem Thema zu stellen, und ich willigte ein. Das war schon eine große Erfahrung für mich, die mich meiner eigenen Männlichkeit sehr viel näher gebracht hat. Ich bin auch nach dieser intensiven Begegnung heterosexuell geblieben. Im Laufe der Ausbildung habe ich aber erfahren, wie in der inneren Haltung in einer Massage das Bild von Mann wie von Frau verschwimmt. Ich kann beide Geschlechter mit meinem Herzen berühren, und mich als Mann folglich ganz anders annehmen. So wie ich mich berühre, so kann ich andere berühren. So weit ich gegangen bin, so weit kann ich andere begleiten. Ich kann meinen Nächsten nur so weit lieben, wie ich mich SELBST liebe! Diese Liebe ist ehrlicher, freier … dem anderen und mir selbst gegenüber. Heilsam! So trifft sich in dieser himmlisch anmutenden Berührungskunst: der Glaube, die Liebe und die Hoffnung auf eine bessere Welt.

faders_examplemartina-tantra-massageMartina gehört zu den Pionieren der deutschen Tantramassage-Szene. Sie hat die Massagepraxis „ANANDA – Kunst der Berührung“ 1997 gemeinsam mit Freunden gegründet. 2004 hat sie den Berufsverband Tantramassage ins Leben gerufen und war mehrere Jahre im Vorstand aktiv. Martina unterstützt das Blog finanziell und manchmal auch mit eigenen Texten. Sie tritt für eine Gesellschaft ein, in der das Wissen über Sexualität genauso wichtig und angesehen ist wie das Wissen um körperliche und  seelische Gesundheit.

2 Gedanken zu „Paul: Wie die erste Massage von einem Mann mich verändert hat

  1. Lieber Paul,
    ich freue mich sehr, dass Du Deinen Weg gefunden hast und liebevoll weitergibst was Du erfahren hast. Mir ist die Massage mit Dir auf dem Grundseminar noch in guter Erinnerung. Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute für deine neue Berufung.

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